Mittwoch

Demokratie ohne Mehrheit?: Die Volksparteien von gestern und der Parlamentarismus von morgen

ISBN: 3423282630
Autor: Michael Koß
Im Verlag dtv am 18.3.2021 erschienen
Rezensionsexemplar: Nein

Quelle: goodreads.com

Inhaltsangabe:

Ein Beben geht durch das Koordinatensystem der Politik.
Die Dominanz der Volksparteien, die nach 1945 für Jahrzehnte Deutschland und Österreich geprägt hat, ist unwiderruflich vergangen. Nach dem Ende des Kalten Krieges durchkreuzen neue gesellschaftliche Konfliktlinien die bereits existierenden und damit auch die >>alten<< Parteien. Die Größenunterschiede zwischen >>großen<< und >>kleinen<< Parteien schrumpfen, Mehrheiten sind unter diesen Bedingungen schwerer zu organisieren.
Der anerkannte deutsche Parteienforscher Michael Koß sieht darin eine gewaltige Herausforderung, aber trotz vermehrtem Streit und Konflikten keine Katastrophe. Bürger und Politiker sind nun gezwungen, die Demokratie und deren Regeln anders zu verstehen und die Austragung von Konflikten neu einzuüben. Das kann ein Gewinn sein.


Quelle: thalia.at

Über den Autor: 

Prof. Dr. Michael Koß, geboren 1976, ist ein deutscher Politikwissenschaftler mit den Schwerpunkten Vergleichende Politikwissenschaft, Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland und Demokratieforschung. Zusammen mit Daniel Ziblatt zählt er "zu den profiliertesten Demokratieforschern der Gegenwart" (Die Zeit). Seit Oktober 2019 ist Koß Professor für Politikwissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg.


Quelle: thalia.at

Meinung:


Äußere Leitplanken fielen mit dem Ende des kalten Krieges weg und die politische Mitte zersplittert deswegen. Dies ist zumindest des Autoren Meinung. Die Angst vor dem Kommunismus wird in Deutschland und Österreich vor der Angst vor einer Klimakatastrophe abgelöst. In der BRD und auch in Österreich gab es lange Zeit nur 3 Parteien.  Doch in den 70ern trat eine neue, progressive Partei auf. Die Grünen. Auf der rechten Seite gab es auch immer wieder Parteien, die Konkurrenz suchten. Diesen Parteien gelang es in Deutschland erst 2015 eine wahrhaftige Konkurrenz zu stellen. Die AfD. In Österreich gibt es seit '55 eine rechte Nachfolgerpartei, die FPÖ. In der Mitte dieses politischen Blutbades stehen immer wieder Lichtgestalten und Renegaten wie Bruno Kreisky, Konrad Adenauer, Angela Merkel und viele mehr.

Koß' wichtigste These ist, dass der Niedergang der sozialdemokratischen und christdemokratischen Volksparteien kein Problem ist, sondern sie ihre Stärke im kalten Krieg bewiesen. Die Beweise liefern die Geschichte, Anekdoten und Biographien. Was die Nachrichten täglich machen, macht dieses Buch über die gesamte Geschichte seit '45, es ordnet die Entwicklungen in einen historischen Zusammenhang ein, sodass die Ereignisse verstehbar gemacht werden. Diese Erklärung von Politik ist besonders, da sie nirgendwo sonst stattfindet.

Koß zieht aus seinen Analysen teils kontroverse Meinungen. Etwa, dass mehr Volksabstimmungen weniger Demokratie bedeutet. Da Parteien nämlich die gesellschaftliche Komplexität bündeln und dies nicht auf den Schultern des einzelnen Menschen zu lasten hat. Diese These ist auf erste Sicht absurd, da Demokratie ja Volksherrschaft bedeutet und Volksabstimmungen eigentlich der Volksherrschaft zu Gunsten sein sollten. Ein gutes Beispiel zur Erklärung der These von Koß wäre der Brexit, da nur die, die hingegangen sind, abgestimmt haben. Jedoch splittert die Gesellschaft Englands nun. Die Abspaltung Schottlands um nur ein Beispiel hierfür zu nennen. 

Besonders den Anführer*innen der ehemaligen Volksparteien sollte dieses Buch empfohlen werden, damit sie für sich draus einen Nutzen ziehen könnten, da sie dadurch die modernen Probleme besser verstehen können.

Hoffentlich folgen mehr Politikwissenschaftlier dem Beispiel Koß': Die Wissenschaft hinter der Politik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Etwas, das in Philosophie unter Richard David Precht, in der Naturwissenschaft unter Harald Lesch und in der Geschichtswissenschaft unter Mirko Drotschmann schon seit längerem geschieht.

Fazit? Dem Buch ist bis auf die kontroversen Meinungen nichts auszusetzen. Jedoch ist auch die Kontroverse gut, da dadurch der/die Leser*in dazu gebracht wird, über eigene, festgefahrene Meinungen nachzudenken.

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